Dienstag, 5. August 2014

Sauglücklich

Schweinische Geschichten von nah und fern


Emma und Esther. So heissen die beiden Schweinemädels, die mich zur Zeit ganz besonders erfreuen. Emma ist ein einjähriges, verschmitzt dreinblickendes Wollschwein mit dunklem Lockenschopf. Ich sehe sie mindestens zwei Mal wöchentlich, denn ihr zu Hause ist das Zürcher Gemeinschaftszentrum Wipkingen, wo auch mein Frühstückscafé stattfindet. Sie lebt dort auf einem Kindernbauernhof, zusammen mit dem Eber Silvius. Mit diesem gab es anfangs zwar einige Reibereien, doch mittlerweile hat sich das Paar arrangiert. Oder besser gesagt: Die kecke Emma hat sich als faire, aber klare Chefin des Duos durchgesetzt.


Täglich sterben weltweit unzählige Individuen
für den kurzen Gaumenkitzel.


Esther hingegen kenne ich nicht persönlich, aber ihr rosa Rüssel schaut mir täglich auf Facebook entgegen. Sie kam als winziges Baby zu ihren (menschlichen) Pflegeeltern. Zwei Jahre später wiegt sie nun über 200 Kilo, und es wird eng im Haus, das sich Esther mit Hund, Katze und Zweibeinern teilt. Bezaubert von Intelligenz, Sanftheit und Charme ihres Zöglings, ist letzteren doch gleichsam bewusst, dass den meisten Schweinen nicht viel Gutes widerfährt. Obwohl sie als Glücksbringer gelten, werden sie in unserer Alltagssprache auf dumme und dreckige Wesen reduziert, wir benutzen Ausdrücke wie "doofe Sau“, „dreckiges Schwein“ und „Sauerei“. Und täglich sterben weltweit unzählige Individuen für den kurzen Gaumenkitzel.


Doch manche haben Schwein. So wie Esther (genannt „the wonder pig“), die übrigens in Kanada wohnt und über stolze 130'000 Facebook-Fans verfügt. Ihre „Eltern“ (genannt „Dads“) haben nämlich Grosses vor: Sie erschaffen ein Paradies. Einen Lebenshof, auf dem vor Messer und Gabel gerettete Schweine ein behütetes und artgerechtes Leben führen können. Wo sie den ganzen Tag nach Herzenslust in Gras, Erde und Schlamm wühlen und ganz Schwein sein dürfen. Wirklich glückliche Schweine. Für immer. Das finde ich sauschön!


Diesen Text gibt es aktuell auch in Printversion in der Zeitschrift oliv. Diese liegt in vielen Bioläden und Reformhäusern auf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen